Andreas Helfer bei den Brutzlbrüdern - Die Brutzelbrüder

Direkt zum Seiteninhalt

Andreas Helfer bei den Brutzlbrüdern

Events
Das Brutzeln ist hier reine Männersache

Die Mitglieder des Hennefer Kochclubs wollen bald auch eigenen Wein anbauen

VON ANDREAS HELFER

Hennef. Wildschwein mit Steinpil­zen, schnell spricht sich in der Männerrunde des Kochclubs "Brutzelbrüder" herum, wie Christian Gaida möglichst schnell den ersten Hunger der Männerrun­de stillen will. "Ich weiß noch nicht, was ich damit mache", sagt er noch auf die Frage, wie er die 1,3 Kilogramm Rücken zubereiten will. Doch schnell sind Medaillons geschnitten, rosig gebraten und mit Pilzen und einer aromatischen Sahnesoße auf einem Teller ange­richtet.
Das Amuse-Gueule, der kleine Gruß aus der Küche, hat Tradition bei dem Männerkochclub, und Gaida den Ruf, immer etwas Be­sonderes auszuhecken. "Der könn­te auch in einem Sternerestaurant kochen", raunt anerkennend ein Mitbrutzelbrudcr. Gaida verrät of­fenherzig ein raffiniertes Geheim­nis: Seine Soße hat er mit frisch gemahlenem Kümmel aus dem Mörser gewürzt. "Das verbessert den Geschmack aller Pilze", hat er festgestellt, und das Ergebnis gibt ihm Recht. Sein Gericht schmeckt wunderbar rund nach Steinpilzen und Maronen-Röhrlingen - aller­dings nicht nach Kümmel. Aber auch die Tatsache, dass er die Pilze selbst im Wald gefunden hat, ist ihm wichtig: Das gebe dem Essen noch einmal einen ganz anderen Wert. Seine Fundplätze allerdings verrät er nicht, wie auch schon der Brutzelbruder-Vorsitzende Pit Ra­derschad feststellen musste. "Einmal bin ich ihm hinterhergefahren, aber der war nur auf dem Weg in die Kneipe", erzählt er beim Kar­toffelschälen.
Das Wildschwein dürfte auch re­gionaler Herkunft und im Sieben­gebirge erlegt worden sein. Zu­mindest geht davon Franz-Josef Gilgen aus, der das Fleisch besorgt hat und als Besitzer der Bäckerei­ und Konditoreikette Gilgen's auch die Brotversorgung des Clubs sicherstellt.
Der kleine Leckerbissen ist nur eine kurze Unterbrechung im ge­schäftigen Treiben, dem sich vier­zehn Kochfreunde heute widmen. Auf dem Plan steht Bodenständi­ges: Frikadellen werden in der gro­ßen Schulküche gebraten, aus Lammhack, Putenhack oder dem gängigen Halb und Halb. Auch Brat- und Salzkartoffeln und Blumenkohlgratin stehen auf der Agenda. Aber die Brutzelbrüder können auch ganz anders. Auf ihrer Homepage finden sich Hunderte von Rezepten, darunter Jakobmuscheln a l'orange "Danielle", soufflierter Loup de mer auf Fenchelsoße und indisches Lammragout mit Aprikosen.
Lothar Rasche öffnet derweil mit vielsagendem Lächeln die Tür eines Backofens. Er hat sich kulinarische Freiheiten genommen und aus den Zutaten des Abends eine "Blumenkohlbombe" zubereitet. Der Kohl gart im ganzen unter einer Hackfleischkruste und wird sich später am Tisch als deftige wie stimmige Leckerei herausstellen - zudem macht die Halbkugel auch optisch etwas her.
Zwischen Kartoffelschälen und Frikadellenformen dreht sich das Gespräch auch um einen eigenartigen Klassiker der Hennefer Küche, den Pit Raderschad noch von seiner Mutter kennt: "Hungks Öllisch", womit zum einen wildwachsender Schnittlauch von der Sieg gemeint ist, zum anderen eine schmackhafte Suppe, die aus selbigen sowie Kartoffeln und Sahne zubereitet wird. Raderschad serviert dazu gerne Kirschpfannkuchen und kombiniert so Deftiges mit Süßem.
Schließlich sind sämtliche Frikadellen, die Blumenkohlbombe, das Blumenkohlgratin und ver­schiedene Kartoffelzubereitungen fertig. ,,80 Prozent aller Brutzelbrüder schlafen schlecht, weil sie an so einem Abend zu viel geges­sen haben", verrät Stefan Ostrowsky. Widerstand ist allerdings zwecklos: Alle Varianten der Fleischbällchen erweisen sich als gelungen. Das Tischgespräch dreht sich um ein aktuelles Lieb­lingsthema der Brüder: Sie wollen oberhalb von Weingartsgasse ein Grundstück pachten, um darauf einen Weinberg anzulegen - und so eine uralte Tradition wiederauf­leben lassen, der der Ort seinen Namen verdankt.
2006 gründeten sich die Brutzel­brüder als Verein in der Kneipe "Klein's Eck". Gekocht wird seit­dem nicht nur aus eigenem Spaß an der Freude, sondern auch für ca­ritative Zwecke, die Kinder- und Jugendstiftung oder den Hospiz­verein. Einmal im Jahr, zur Weih­nachtszeit, verwöhnen die insge­samt 20 Mitglieder ihre Ehefrauen, mit einem großen selbstgekochten Candlelight-Dinner in der großen Schulaula. Doch ansonsten soll der Club reine Männersache blei­ben. Mit einer Ausnahme: "Hier kommt keine Frau rein außer der Chefin", sagt Raderschad und meint mit Chefin die einzige Brut­zelschwester Hildegard Godersky. Von Anfang an dabei, genießt sie einen Sonderstatus. Die Ökotro­phologin nimmt gegen Ende jedes Abends neue Ideen aus der Runde auf, setzt sie später in Rezepte um, besorgt die Zutaten und gibt schließlich am Kochabend ent­scheidende Tipps.
Heute Abend ist sie im Großen und Ganzen zufrieden. ,,Aber ihr braucht eine Lesestunde", moniert sie, denn wie stets hätten ein paar der Brüder drauflosgekocht, ohne die Rezepte ausführlich gelesen zu haben. Anderseits lobt sie die Brü­der: "So richtig angebrannt ist noch nie etwas."
www.brutzelbrueder.de

Zurück zum Seiteninhalt